Offener Brief eines Fraktionsvorsitzenden an seine politischen Wettbewerber im Rat und an den Bürgermeister der Stadt Ratingen. Zum Neuen Jahr.
Wer Ratingen liebt, sollte mich nicht in den Stadtrat wählen. Da gab es einen Aufruf zur Kommunalwahl, Herr Bürgermeister Pesch, von Ihnen als Privatperson während Ihrer Amtszeit unterschrieben.
Die Umsetzung dieses Aufrufes wurde vom Ratinger Wochenblatt der Funke Mediengruppe begleitet. Die Vorstellung meiner Person als Ratskandidat wurde nicht angenommen, obwohl ich sie als Anzeige persönlich gestalten und selbst bezahlen wollte.
Das interessierte Sie und die Parteien als Wettbewerber an der Basis der politischen Willensbildung nicht, weil für Sie alle außerhalb früherer demokratischer Gepflogenheiten Ihr eigenes Konterfei vorrangig ist, gepaart mit gleichzeitiger „Haltung“ Vorurteile zum Eigennutz zu verbreiten. Sie sind die Norm.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, bei der ersten Ältestenratssitzung nach der Wahl hätte ich an Ihrer Stelle als Behördenleiter die neuen Fraktionsvorsitzenden persönlich vorgestellt. Aber woher sollten Sie das können, wenn Sie nichts Näheres von ihnen wissen.
Den Urheber des von Ihnen unterschriebenen Aufrufs „Wer Ratingen liebt…“ scheinen Sie aber als integre Person zu kennen, damit er mit Ihrer Zustimmung Werner Kullmann die Liebe zu Ratingen absprechen kann. Über drei Monate nach der Wahl ist das Pamphlet noch auf der Seite der Grünen zu finden. Auf ihm geben Sie sich, Herr Vogt, Herr Heins, Herr Wiglow und Herr Otto als Fraktionsspitzen Ihrer Parteien solidarisch mit Herrn Mause. Sie möchte ich hiermit auch persönlich ansprechen.
Wer sagt Ihnen, dass ich nicht gegen Hass und Ausgrenzung, Menschenwürde für alle und nicht für Ratingen als weltoffene und tolerante Stadt bin. Wer erzählt Ihnen außer Herr Mause, dass ich in Ratingen mit nationalstaatlichem Denken „ausgrenzen“ will. Richtig ist allerdings, Deutschland ist mir näher als die EU. Meine Heimat Ratingen ist mir näher als Deutschland. Wer grenzt hier wen aus?
Verrohung des Umgangs im Rat
Mit der Unterzeichnung des „Wer Ratingen liebt…“ sorgen Sie leichtfertig, ich hoffe unbeabsichtigt, für eine Unkultur der politischen Arbeit im neuen Ratinger Stadtrat. Sie unterstützen damit Herrn Mauses radikale menschenverachtende Meinungsäußerung vom „Dreckspack“. Herr Mause als Funktionär der regionalen SPD, macht sich noch gemein mit dem Fraktionsvorsitzenden Herrn Hekermann, der mich als Nazi im Rathaus wähnt und mich im Rathausaushang seiner Partei als „braunes Gesocks“ bezeichnet.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Pesch, sehr geehrte Fraktionsvorstände des Ratinger Stadtrates. Das sind die Auswirkungen aus Ihrem Wahlverhalten bei der ersten Ratssitzung, bei der ich mich von Ihnen für den Integrationsrat bestätigen lassen wollte. Sie haben mit Ihren Vorurteilen einstimmig gegen einen Ratinger Bürger gestimmt, der sein ganzes Leben praktisch mit Erfolg und auch Nächstenliebe integriert hat. Dem Alevitischen Kulturverein habe ich z.B. schon vor ca. 30 Jahren Räumlichkeiten überlassen, als kein anderer sie für den Kulturverein stellen wollte, auch die Stadt nicht.
Lustigerweise brüsten sich die von Ihnen einstimmig Erwählten mit ihrer Qualifikation als Italiener, wo bekanntlich der Faschismus seinen Ursprung hatte. Deren Nomenklatur der Totalitaristen folgt der Entpersönlichung mit Veröffentlichungen wie: „Als Integrationsrat (statt der verf*ickten AfD)…“ bis zu diesem Rathausaushang, mich als „braunes Gesocks“ auszurufen.
Sie haben damit schon frühzeitig zu Anfang der Ratsperiode geholfen, einen faschistoiden Umgangston herbeizuführen. Sie tolerieren so etwas? Nehmen Sie bitte öffentlich Stellung dazu. Bedenken Sie, dass die Spaltung der Gesellschaft nicht in Ratingen ankommen darf. Nur hier in Ratingen ist mit den Persönlichkeiten im Rat unsere politische Realität, nirgendwo sonst.
In der Regel bleibt Persönliches im politischen Diskurs außen vor. Politiker outen sich wohl nicht, um für ihre Mitbewerber keine Breitseite zu liefern. Es sei denn mit ihrer Haltung. Über sich selbst und ihre Sozialisation wird geschwiegen.
Das will ich hier mal ändern.
Die Sozialisation eines Ratinger AfD Fraktionsvorsitzenden
Der Urheber des Aufrufs „Wer Ratingen liebt…“ veröffentlichte, aus einer Bergmannsfamilie zu stammen. Darauf kann er stolz sein, obwohl er selbst kein Arbeiter war. Er ist in eine prosperierende und wohlhabende Bundesrepublik hineingeboren. Die Subvention der Kohle half seiner Familie.
Das war bei mir anders.
Vater und Mutter waren auf der Minoritenschule und wurden katholisch unter dem Kirchturm von St. Peter und Paul sozialisiert. Die Hitlerjugend lauerte meinem Vater und anderen Messdienern der Katholischen Jugend regelmäßig auf, um sie zu vertrimmen. Da er nicht in die Hitlerjugend eintreten wollte und sich in der Berufsschule oft dem Hitlergruß verweigerte, bekam er mit den schlechtesten Zeugnisnoten keinen Abschluss. Arbeit gab es danach nur in der Ratinger Eierverwertung mit der Hauptaufgabe, Eier zu durchleuchten und dann auszusortieren, um danach ganz schnell in den Arbeitsdienst das NS- Staates gesteckt zu werden. Vom Arbeitsdienst schnell in die Wehrmacht und dann an die Front nach Russland. So war das für Leute wie ihn. Hinter der Front stand dann die Waffen-SS bereit, die eigenen Soldaten abzuknallen, wie mein Vater mir berichtete.
Als Kriegsgefangener wurde mein Vater von den Russen hinter den Ural deportiert und konnte im Sommer fliehen, mit einjähriger Odyssee in die Heimat Ratingen. Meine Mutter wurde 1944 in der Ratinger Bombennacht auf der Philippstraße mit Brandbomben zugedeckt. Sie konnte sich mit ihrem Baby noch aus dem Keller retten, bevor das Haus ganz niederbrannte.
Als Heimkehrer musste sich mein Vater für die Familie in den kalten Winternächten der ersten Nachkriegsjahre der Ratinger Polizei erwehren, die das Auflesen von Fallholz im Wald unter Strafe stellte. Selbstgebrannten Schnaps und Tabak verkaufte er auf dem Schwarzmarkt. Auf dem Dach der Bahnwaggons fuhr er in Richtung Eifel, um nach der Kartoffelernte nochmal die Erde durchzuwühlen.
Dann kam die DM, ich bekam als Baby die Armeleutekrankheit Tuberkulose und drei Jahre kostenlose Kita ohne Mutter im fernen Krankenhaus.
Mit vier Personen lebten wir nach der Währungsreform in zwei Räumen. Kohleheizung, Außen-toilette. Die Zinkbadewanne wurde jeden Freitag ins Zimmer gestellt, das Wasser auf dem Kohleofen erhitzt. Im Wohnzimmer wurden auch mal Vaters Hemden gewaschen, die er für die Arbeit brauchte.
Erhards soziale Marktwirtschaft brachte viel Arbeit und Aufstieg aus der Armut. Das war das neue Leben der Eltern der heute leichtfertig ausgemachten „Drecksäcke“ und des „braunen Gesocks“.
Als Kind der jungen Bundesrepublik mit solchen Eltern und dem noch umfangreich stattfindenden Geschichtsunterricht lernte ich genau, was der Nationalsozialismus oder der Kommunismus mit den Menschen gemacht hat. Herr Mause spricht nicht vom Kommunismus, warum wohl?
Er und alle Unterschreibenden seines Aufrufes, können ja auch mal ihre Sozialisation von ihrer hohen Warte aus erklären. Dann können Sie sich glaubwürdiger über mich erheben.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Pesch, sehr geehrte Fraktionsvorstände, natürlich ist es Ihnen überlassen, wie Sie meine Einlassung hier bewerten.
Zum neuen Jahr 2021 wünsche ich Ihnen hiermit alles Gute. Auf eine versöhnliche Zusammenarbeit.
Ihr Werner Kullmann Ratingen, den 28.12.2020
PS Von Geburt an Ratinger, muss ich Ihnen meine Liebe zu Ratingen eigentlich nicht erklären. Hier ein Ausschnitt des Werdegangs eines Ratingers:
Ehem. Soziale Stationen, Vereinsarbeit
Lehrlingssprecher Daimler Benz AG, Düsseldorf
Stellv. Schießmeister Tell Kompanie, Ratingen
Leichtathletik Trainer, Kinder u. Jugendliche, Münster
Kassierer, bis 2. Bundesliga, Tbd. Ratingen
Beruflicher Werdegang
Kfz.-Schlosser
Seemann, Große Fahrt
Dipl. Ing. Fahrzeugtechnik, Dekra u. TÜV
Selbstständiger Automobil Vertragshändler Peugeot, Ratingen
Als selbst. Automobil Vertragshändler in Ratingen: Arbeitgeber für Wiedereinstieg ins Arbeitsleben Drogenabhängiger, Werkstattpraktika für Schüler u. Migranten aus dem Kosovo und der Türkei.
Start-up Berater, Projektmanager
Persönliches
Familie seit ca. 1850 in Ratingen, geb. 1948 in Ratingen, zeitweise alleinerziehender Vater (2 Kinder), glücklich verheiratet
Hobbies
Leichtathletik (TV Ratingen): Deutsche Seniorenmeisterschaften 2019 (M70), Speerwurf 6. Platz Dreisprung 8. Platz. NRW Meisterschaften 2019, Silber und Bronze Medaille.
Tennis, Politik
Zur AfD:
04/2013 bis 07/2015, Kreisvorstandsmitglied, Listenplatz 3 zur Stadtratswahl 2014. Ab 02/2020 wieder Parteimitglied, Listenplatz 1 zur Stadtratswahl Ratingen 2020, Fraktionsvorsitzender, Stellvertretender Sprecher des Stadtverbandes